EHEC aus der Massentierhaltung
Veröffentlicht am
31. Mai 2011
Ganz Deutschland
scheint momentan Kopf zu stehen wegen EHEC, einem E. Coli-Typ, der sich laut
ersten Medienberichten auf einigen Gemüsesorten befinden sollte. Ein
grundlegendes Problem ist hierbei die Oberflächlichkeit vieler Berichte, denn es
wird Panik geschürt vor Gurken, Tomaten, Salat und/oder anderen Gemüsesorten,
anstatt sich auf die Ursachensuche zu begeben und das Übel an seiner Wurzel zu
packen.
Die Quelle der
EHEC-Keime sind niemals Pflanzen. Als wahrscheinlichste Kontaminationsquelle
gilt bislang Gülle aus der Massentierhaltung, mit der pflanzliche Lebensmittel
entweder direkt oder über den Umweg Biogasanlage gedüngt wurden. Tiere in der
Intensivhaltung sind besonders anfällig für Krankheiten, weil ihre Immunsysteme
zum einen durch den Mangel an Licht und Bewegung geschwächt sind und ihre
Verdauungssysteme aufgrund der falschen Ernährung mit Kraftfutter besonders
anfällig für Durchfallerreger wie EHEC sind (mehr dazu hier).
Die
Massentierhalter streiten jede Verantwortung ab, weil Gemüse angeblich nicht mit
Gülle gedüngt werde. Doch zum einen kann auch Gemüse unter der Bezeichnung
»Kompost« mit Fäkalien gedüngt werden und zum anderen reicht es schon, wenn auf
den Feldern vorher andere Pflanzen mit Gülle gedüngt wurden, denn die Erreger
können außerhalb des Darms bis zu ein Jahr lang überleben. Dass die Bakterien so
übertragen werden können, wurde bereits vor etwa zehn Jahren in einer Studie
nachgewiesen. Außerdem sind auch andere Infektionswege nicht unwahrscheinlich:
Eine andere, von
den Medien bis vor kurzem sträflich vernachlässigte Infektionsquelle sind
nämlich Produkte tierischen Ursprungs. So hat schon im Jahr 2009 die Iowa State
University in Zusammenarbeit mit der Weltorganisation für Tiergesundheit (OIE)
publiziert, dass sich Menschen vor allem durch den Verzehr nicht durchgebratenen
Hackfleisches und anderer tierischen Produkte mit EHEC infizieren können. Darauf
weist auch der Präsident des Bayerischen Landesamtes für Gesundheit und
Lebensmittelsicherheit hin. Er ergänzt, dass eine Übertragung durch Gemüse »eher
selten« stattfindet. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schließt sich dem an.
Auch das Robert-Koch-Institut nennt mit Rohmilch, Rohwürsten und Lammfleisch
Produkte tierischen Ursprungs als Risikofaktoren. Außerdem kann auch der direkte
Kontakt von Menschen mit infizierten Tieren zu Ansteckungen führen.
Die öffentliche
Diskussion darf sich nicht länger allein darum drehen, ob nun Gurken oder
Tomaten das Problem sind. Vielmehr muss die Agrarindustrie in die Verantwortung
genommen werden. In den Medien darf es nicht länger ein Tabu sein, die
Erkenntnis auszusprechen, dass die Intensivtierhaltung nicht nur die Gesundheit
von Tieren mit den Füßen tritt, sondern auch für den Verlust von Menschenleben
verantwortlich ist; und das nicht nur wegen EHEC, sondern z.B. auch wegen ihres
Beitrags dazu, dass Antibiotika zunehmend ihre Wirksamkeit verlieren.
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